CLASSICAL HORIZONS:
Herr
Hübner, kann es sein, daß der Herr Augstein mit seinem SPIEGEL
durch Ihren Brief - welcher ja an Ihrer Meinung der Urteilsunfähigkeit
der Staatlichen Musikhoch-schulen gegenüber dem Phänomen der
„Musikbegabung“ keinen Zweifel lässt - hier Aufwind
für seine Verunglimpfungs-Kampagne witterte?
PETER HÜBNER:
Ich
glaube schon! Das gilt aber besonders auch für den Präsidenten
des DEUTSCHEN MUSIKRATES.
CLASSICAL HORIZONS:
Herrn Prof.
Dr. Müller-Heuser, der ja zur damaligen Zeit auch Rektor der STAATLICHEN
HOCHSCHULE FÜR MUSIK KÖLN war - der dieses Ihr Schrei-ben
also auch erhalten hatte, und der sich über Ihre Meinung betreffend
seine fachliche Inkompetenz sicherlich aufregte oder zumindest ärgerte.
Und
von seinen Kollegen an den anderen Staatlichen Musikhoch-schulen kann
man das ja wohl sicherlich auch annehmen - oder täusche ich mich
hier? Von Seiten seiner Kollegen an all den anderen Musikhochschulen
Deutschlands konnte er jetzt sicherlich mit einer breiten Unterstützung
gegen Sie rechnen - nach diesem „offenen“ Brief.
PETER HÜBNER:
Was mich
an der Sache erschütterte, war: kein einziger von ihnen dachte
überhaupt an die von dem Schreiben eigentlich am meisten Betroffenen:
an jene Musikbegeisterten, die aufgrund einer Fehleinschätzung
der Hochschule trotz möglicher hoher Musikbegabung durch die Aufnahme-
oder Abschlußprüfung fallen und dann voller Hoffnungslosigkeit
und von den Musik-fachleuten im Stich gelassen, einsam und verlassen
auf der Straße stehen - ohne irgendeine Zukunftsperspektive im
Bereich ihrer geliebten Musik!
Mich
schockierte der eiskalte Umgang mit dem Phänomen der wirklichen
Musikbegabung, zu der der von der Natur beschenkte ja gar nichts kann!
Der wirklich Musikbegabte steht vor dem Phänomen einer 08/15 Hochschulprüfung
mit der Ohnmacht eines unschuldigen Kindes - er könnte zu dieser
ganzen Musikpolitik nur sagen: „Hier stehe ich, ich kann nicht
anders, Gott helfe mir!“
CLASSICAL HORIZONS:
Und Sie
sehen das völlige Unver-ständnis der Rektoren der Musikhochschulen
Deutschlands gegenüber dem in Ihrem Brief zum Ausdruck gebrachten
Bemühen, gerade den wirklich Musikbegabten zu helfen, als einen
Verrat an der Begabung oder als einen Betrug am Begabten an?!
PETER HÜBNER:
Der Rektor
einer Musikausbildungsstätte muss doch vor allem anderen zwei Dinge
im Auge haben: Die Wahrheit der Musik und das Wohl dessen, der diese
Wahrheit aussprechen kann.
Der Rektor einer Musikausbildungsstätte muss also zwingend notwendig
die Wahrheit über die Musik kennen - deren wahre Bedeutung und
ihren wahren tieferen Sinn und:
Der Rektor eine Musikausbildungsstätte muss denjenigen erkennen,
der die Wahrheit über die Musik hier und jetzt mit musikalischen
Mitteln auszusprechen vermag.
Den muss er besonders fördern - denn nur dessentwegen ist der Rektor
in seinem Amt: wartet er geradezu auf ihn!
Und
- die Geschichte hat leider gezeigt: Kaum ein Rektor einer staatlichen
Musikausbildungsstätte in unserer bekannten Musik-geschichte kann
sich rühmen, in seiner Schule je solch einem von der Natur mit
der Musikbegabung Versehenen bewusst begegnet zu sein! |