Was
bilden sich diese jungen Leute denn nur eigentlich ein, so mag
sich da der gutdotierte Amts- und Würden-träger gefragt haben.
Wer
hat mich denn in mein Amt gebracht? Meine politische Karriere begann
doch schon damit, daß mich meine Partei als Wahlkandidaten aufstellte
und zwar nicht, weil ich vielleicht etwa irgendwelche ethischen
Ziele gehabt hätte, sondern nur deshalb, weil sie für mich
keinen werbeträchtigeren und vor allem auch parteigetreueren Ersatz
hatte!
Ich
habe die Parteisatzung ja auch nicht fabriziert! Was kann ich dazu,
wenn die Verwirklichung der Grund-menschenrechte, die ich ja grundsätzlich
bejahe, in unserer Parteisatzung überhaupt keine Beachtung gefunden
hat geschweige denn in unser Parteiprogramm aufgenommen worden
ist?
Ja,
die christlichen Parteien, unsere Opposition, haben es da einfacher!
Die CDU sagt nur, daß die christliche Sittenlehre Ziel und Maß
ihres Handelns bestimme! Und die CSU behauptet, daß das christliche
Welt- und Menschenbild die Grundlage ihres Handelns bildet. Aber wie
stehen denn die katholische Kirche und die von ihr letztlich gelenkten
christlichen Parteien zu dieser ganzen Thematik der Menschenwürde?
Und
auch unsere Partei hat hier ihre ganz eigenen Schwierigkeiten!
Hätten wir unsere ursprünglichen sozialistischen Ziele nicht
geschmälert und uns nicht mit der evangelischen Kirche verbunden,
dann wäre es uns so ergangen wie der KPD: ein politisches Nichts
am Rande des in der Bundesrepublik politisch Zulässigen, permanent
aufgewühlt und durchge-pflügt von einer rastlosen, unkontrollierbaren,
nach sozialen Reformen drängenden Jugend!
Ohne
unsere enge Verbindung mit der evangelischen Kirche, mit ihren nicht
zu verachtenden jährlich acht bis neun Milliarden Kirchensteuern
und ihren sonstigen vielfältigen Einnahmen aus dem Staatshaushalt
über die diversen Kirchenorganisationen, welche ja nochmal ein
Vielfaches von dem ausmachen ohne ihre vielfältigen Wirtschaftsgroßunternehmen
und Bankbeteiligungen, aber besonders ohne ihre eigenen Medienkonzerne
bis hin zu ihren Sitzen in den Gremien der öffentlichen Rundfunk-
und Fernsehanstalten , hätten wir uns, als finanziell schwache
politische Partei, überhaupt nicht gegenüber den christlichen
Parteien behaupten können, die ja selbst das gesamte ideologische
und materielle Machtpotential der katholischen Kirche hinter sich haben,
welches auch von eigenen Wirtschaftsgroßunternehmen über
eigene Großbanken bis zu eigenen Medienkonzernen reicht, und das
national und international!
Wie
klein haben wir Sozialisten nach dem Kriege ange-fangen und mußten
dabei von den kleinen Mitglieds-beiträgen unserer begrenzten Mitgliederzahl
leben und arbeiten?!
Und dabei konnten wir nicht einmal mit größeren Spenden rechnen,
da wir ja nur im wesentlichen die Anliegen der Arbeitnehmer vertraten!
Das
politische Geschäft ist hart! Hier überlebt nur der Stärkere!
Der politische Erfolg, der ja in der politischen Machtüber-nahme
liegt, fragt nicht nach Ethik oder irgendwelchen Idealen! Willst du
an die politische Macht, dann mußt du dich bekanntmachen, immer
und immer wieder!
Dazu
brauchst du Geld! Viel, viel Geld! Und entsprechend viele, viele Mitarbeiter!
Und die wollen letztlich auch bezahlt werden!
Das geht nicht von irgendwelchen Idealen! Geld kann nur von Geld kommen!
Und wenn wir uns gegen das Kapital unserer Konkurrenz, der christlichen
Parteien und ihrer katholischen Kirche, behaupten wollen dann
müssen wir uns mit dem Kapital von deren Konkurrenz verbinden:
mit dem Geld der evangelischen Kirche, welche uns dann auch noch mit
ihren Hunderttausenden von Mitarbeitern leicht unter die Arme greifen
kann!
Und
warum soll die evangelische Kirche nicht auch die Chance erhalten, genau
wie die katholische Kirche politische Macht zu erlangen?!
Sicherlich, normalerweise hätte man annehmen können, daß
sich die christlichen Parteien auch der evangelischen Kirche gegenüber
öffneten!
Aber
was kann unsere SPD dazu, daß sich das Macht-monopol der katholischen
Kirche schon von Anfang an mit Adenauer so fest in den christlichen
Parteien etablierte? Was kann ich dazu?
Es
ist doch klar, daß die katholische Kirche in der Folgezeit ihr
Monopol in den christlichen Parteien auch nicht mehr aus der Hand geben
wollte!
Wer gibt auch schon gerne seine politischen Machtmöglich-keiten
aus der Hand?
Die
beiden Groß-Kirchen erhalten jede alleine schon an die acht bzw.
neun Milliarden Mark Kirchensteuern im Jahr, über die sie niemandem
gegenüber Rechenschaft schuldig sind!
Was die Kirchen mit diesem Geld machen, ist einzig und alleine ihre
eigene Sache, und niemand erfährt je etwas davon auch nicht
ihre Gläubigen!
Für ihre vielfältigen Organisationen, Verbände und Instituti-onen
im Bereich der Wohlfahrtspflege bis hin zu ihren Krankenhäusern
oder Altenheimen brauchen die Kirchen diese 17 Milliarden Kirchensteuern
überhaupt nicht, denn das alles finanziert sich entweder aus anderen
öffentlichen Geldern oder aber aus sehr guten Einkünften
wie z. B. in den Fällen der kirchlichen Krankenhäuser und
Altenheime!
Ihre
internationale Tätigkeit, ihre Missionierungstätigkeit in
der dritten Welt, aber auch ihre internationalen Investiti-onen in multilateralen
Wirtschaftskonzernen, Medienkon-zernen und Bankenkonsortien können
sie leicht über besondere Spendenfonds, aber besonders auch über
die Gelder des Wirtschaftshilfeministeriums bzw. des Minis-teriums für
wirtschaftliche Zusammenarbeit abwickeln, deren Fonds sie sich ohnehin
zu 95 Prozent teilen!
Somit
haben die Kirchen neben ihren vielfältigen Einnah-men aus Wirtschaftsgroßunternehmen,
Bankenkonsortien und Medienkonzernen besonders aber auch noch ihre jeweils
acht bzw. neun Milliarden Mark Kirchensteuern zur freien Verfügung
und können damit ungesehen in eine Expansion ihrer politischen,
wirtschaftlichen und medialen Macht investieren ohne daß
dies der einzelne Bürger je erfährt! |